Serenaden waren angekündigt, heitere Abendständchen, ursprünglich gedacht, unter freiem Himmel aufgeführt zu werden. Nun war der Konzerthimmel nicht heiter genug, um tatsächlich mit den Musikern in den Garten zu marschieren – aber dafür folgten die fast vierzig Gäste beim 7. Rissener Klappstuhlkonzert konzentriert den beiden vielsätzigen Werken, erhörten sich die musikalischen Themen und verstanden den Humor der Werke. An den richtigen Stellen zu schmunzeln, zu lachen – das beweist, wie aufmerksam die Ohren des Publikums das musikalische Geschehen aufnahmen.
Rebecca Martin (Violine), Christian Friedrich (Viola) und Luis Andrade (Violoncello) bilden das Streichtrio des Netherlands Symphony Orchestra, das seinen Sitz in Enschede in den Niederlanden hat – wobei Rebecca Martin aus dem Emsland kommt, Christian Friedrich aus dem Rheinland und Luis Andrade aus Portugal. Untereinander spricht das Trio Englisch, und Harris Tiddens aus Rissen hatte seine Muttersprache vergeblich im Gepäck. Es wehte die Flagge der Europäischen Union in Bettina Mergemeiers Wohnzimmer!
Ernst von Dohnányis Serenade op. 10 ist eines der Hauptwerke der Literatur für Streichtrio. Das spätromantische Werk fordert eine geschlossene Ensembleleistung: die komplexe Rhythmik, das kontrapunktische Geflecht, zur Meisterschaft geführt im Scherzo, die vielfältigen melodischen Feinheiten – das alles in einen Ensembleklang zu überführen gelang den Musikern großartig. Zumal im Streichtrio des Last des Solos immer vorhanden ist: jede Stimme ist zu jeder Zeit zu verfolgen. Das Trio zum Ensemble zu machen ist schwieriger als in größeren Besetzungen. Und so ist der ständige Kontakt der Musiker untereinander, die permanente Kommunikation, das musikalische Sprechen mit Instrumenten, Augen und Gesichtsausdruck eine conditio sine qua non zum Gelingen des Vortrags.
Auch Ludwig van Beethovens Streichtrio Serenade op. 8 gehört zu den wichtigsten Werken dieser (gerade im Vergleich zum Streichquartett) doch recht übersichtlichen Gattung. Dieses Streichtrio sticht heraus durch eine Fülle von klanglichen Einfällen, von Farben, von Melodien. Die Grundstimmung dieser Serenade ist treffend nur mit dem Wort „heiter“ zu beschreiben. Hier hört man einen (jungen) Beethoven, wie man ihn sich sonst vielleicht nur schwer vorstellen kann: mal nicht der emphatische Aufklärer, sondern ein ironischer, leichter, eben heiterer Beethoven, die Musik voller Humor, voller Liebreiz, ganz bei sich selbst. Die Heiterkeit der Musik spiegelte sich in der Leichtigkeit und der Brillianz des Vortrags. Die Spielfreude der Musiker war so sehr präsent, dass das Publikum restlos mitgenommen wurde.
Mit viel Applaus verabschiedeten die Zuhörer das Streichtrio, nicht ohne dankbar die Zugabe (der erste Satze einer von Luis Andrade für Streichtrio gesetzte Fassung einer Bach´schen Symphonia) genossen zu haben.
Zum zweiten Mal war Bettina Mergemeier die Gastgeberin eines Klappstuhlkonzerts – der heitere Fortgang des Abends war dann auch ganz ihr Verdienst und dafür gebührt ihr der Dank der Gäste und des Veranstalters.
Vielleicht erleben wir das Streichtrio des Netherlands Symphony Orchestra im nächsten Jahr wieder in Rissen: die Musiker waren vom aufmerksamen und sachkundigen Publikum jedenfalls so begeistert, dass sie selbst diesen Vorschlag gemacht haben. Ein besseres Lob kann sich ein Publikum kaum wünschen.